Network Medicine - An interactome-based approach to rare diseases

Der menschliche Körper funktioniert durch das Zusammenspiel unzähliger Biomoleküle, die in einem komplexen Netzwerk miteinander interagieren. Krankheiten entstehen oft dann, wenn diese Netzwerke gestört werden – ähnlich wie bei einer Maschine, deren Funktion ausfällt, wenn wichtige Komponenten defekt sind. Um diese Störungen systematisch zu verstehen, nutzt die Netzwerk-Medizin Werkzeuge der Netzwerktheorie, um das sogenannte "Interaktom" zu kartieren und zu analysieren – das vollständige Netzwerk molekularer Interaktionen in unseren Zellen. Seltene Erkrankungen, von denen viele auf einzelne genetische Mutationen zurückzuführen sind, bieten eine einzigartige Gelegenheit, diese Störungen besser zu verstehen. Obwohl ihre genetischen Ursachen oft besser definiert sind als bei häufigen Erkrankungen, gleicht die Identifikation der spezifischen Mutation bei einem Patienten häufig der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Ziel unseres Projekts war es, herauszufinden, wie spezifische genetische Mutationen das Interaktom beeinflussen und zu Krankheiten führen, und computergestützte Werkzeuge zur Identifikation und Priorisierung dieser Mutationen zu entwickeln.
Im Laufe dieses Projekts konnten wir mehrere Meilensteine erreichen:
- Wir haben mehrschichtige Netzwerk-Karten erstellt, die Informationen über verschiedene biologische Ebenen hinweg integrieren und ein tieferes Verständnis dafür ermöglichen, wie seltene Erkrankungen molekulare und zelluläre Systeme stören.
- Wir haben neuartige computergestützte Werkzeuge zur Identifikation krankheitsassoziierter Gene entwickelt, die in Zusammenarbeit mit klinischen Partnern erfolgreich auf neurologische und immunologische Erkrankungen angewendet wurden.
- Wir haben eine neuartige Virtual-Reality-(VR)-Plattform entwickelt, die eine immersive Erforschung großer biologischer Netzwerke ermöglicht und völlig neue Perspektiven zur Analyse komplexer biomedizinischer Daten eröffnet.
Mit diesen Methoden konnten wir neuartige genetische Mutationen identifizieren, die seltenen Erkrankungen zugrunde liegen, und so neue Einblicke in deren molekulare Mechanismen und mögliche Behandlungsansätze gewinnen. Seltene Krankheiten sind jedoch erst der Anfang. Die im Rahmen dieses Projekts entwickelten Methoden und Prinzipien können auf eine Vielzahl von Krankheiten angewendet werden und bringen uns der Vision einer personalisierten Medizin näher. Indem medizinische Interventionen auf die individuelle molekulare Beschaffenheit jedes einzelnen Patienten zugeschnitten werden, möchten wir die Behandlungsergebnisse verbessern und die Art und Weise, wie Krankheiten diagnostiziert und behandelt werden, grundlegend verändern. Dieses Projekt stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer Zukunft dar, in der die Komplexität der menschlichen Biologie in bisher unerreichter Tiefe verstanden und genutzt werden kann. Dieses vom WWTF finanzierte Projekt legte den Grundstein für die Gründung des Ludwig Boltzmann Instituts für Netzwerkmedizin (LBI-NetMed). Das Institut wird auf den Errungenschaften dieses Projekts aufbauen und die Arbeit weiterführen und ausweiten, wobei der Schwerpunkt auf einem ganzheitlichen Verständnis von Gesundheit und Krankheit durch Netzwerkmedizin liegt.