Die konkreten Auswirkungen von Sars-CoV-2 auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung sind unklar. Mit Hilfe einer Umfrage in 12 Wellen (mit ca. n=1000 Teilnehmenden / Welle, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildung und Wohnbundesland), wurde zwischen April und Dezember 2020 das Ausmaß an Belastungen in diversen Lebensbereichen, sowie Depressivität, Angst, Suizidalität und häusliche Gewalt erhoben. Es zeigte sich eine insgesamt hohe Belastung über den gesamten Zeitraum: 21.8% der Teilnehmenden berichteten von moderater bis schwerer Depressivität, 18.9% von Angst, 7% von Suizidgedanken, und 18.9% von häuslicher Gewalt. Insbesondere junge Menschen bis 29 Jahren, Personen mit geringem Haushaltseinkommen, mit psychischen Erkrankungen, jene die einem Expositionsrisiko im Beruf ausgesetzt sind (insbesondere Gesundheitsberufe), aber auch Personen in Home-office, zeigten eine deutlich höhere Belastung als andere. Auch Personen die selbst an Covid-19 erkrankt waren zählten zur Risikogruppe. Depressivität (und zum Teil Angst) stieg insbesondere gegen Ende der Beobachtungsperiode, mit dem 2. Lockdown von hohem Ausgangsniveau weiter an; dennoch blieb Suizidalität konstant bzw. sank gerade im 2. Lockdown leicht, was auch mit den österreischen Suizidzahlen übereinstimmt, die 2020 erneut einen leichten Rückgang zeigten.. Häusliche Gewalt stieg sowohl nach dem Lockdown im März/April 2020 als auch nach dem 2. Lockdown an.
Diese Muster zeigen dass die psychische Belastung hoch ausgeprägt ist und über die Pandemie tendenziell weiter stieg. Allerdings haben die medial viel diskutierten Auswirkungen auf Suizide bisher nicht statt gefunden was vermutlich auf soziale, wirtschaftliche und psychologische Unterstützungsmaßnahmen in der ersten Pandemiephase zurück zu führen ist. Durch die Pandemie sind neue Risikogruppen entstanden, und langfristige psychologische und wirtschaftliche Unterstützung wird notwendig sein, um zu gewährleisten dass es auch weiterhin keinen Anstieg der Suizide gibt.
Die Social-Media-Analyse untersuchte, ob und wie Social-Media-Daten einen Beitrag zu Public-Health-Krisen wie COVID-19 leisten könnten. Die Analyse des Textes von öffentlichen Postings in sozialen Medien könnte dabei helfen, psychische Gesundheitsprobleme in der Bevölkerung zu erkennen, oder die Kommunikation von öffentlichen Personen und Institutionen verbessern, indem diese die Gefühle der Menschen berücksichtigen können. Damit das funktionieren kann, müssen wir herausfinden, welche Menschen verschiedene Plattformen benützen, und welche Analysemethoden Messwerte produzieren, die der psychische Gesundheit der Menschen entsprechen. Wir haben dafür Daten zur Nutzung sozialer Medien erhoben und verschiedene Textanalysemethoden für Emotionen getestet. Dazu korrelierten wir Daten aus dem Online-Forum von DerStandard und Twitter mit den Antworten von Umfrageteilnehmern. Wir untersuchten Maße für die Häufigkeit emotionaler Worte, die mit den Umfrageantworten zu Angst, Depression, Wut und Suizidgedanken, oder mit negativen Erfahrungen wie häusliche Gewalt oder Konflikte zusammenhängen könnten. Außerdem verglichen wir Messwerte, die auf Worthäufigkeit und Machine Learning basieren. Die Daten beider Plattformen und beider Methoden folgten meistens einem ähnlichen Muster, korrelierten aber nicht eindeutig mit den Umfrageantworten. Basierend auf unseren Ergebnissen schlagen wir Möglichkeiten vor, die verfügbaren Methoden zu entwickeln, um die Vorhersage der psychischen Gesundheit zu verbessern, und Umfragedaten zu sammeln, mit denen ihre Gültigkeit besser bewertet werden kann.