Improvement of taste perception by homoeriodictyol in cancer patients after chemotherapy
Chemotherapeutika wie Platin (Pt)-haltige Medikamente spielen eine entscheidende Rolle bei der Krebsbehandlung, bringen allerdings Nebenwirkungen mit sich. Dazu zählen Veränderungen des Geschmacksempfindens, z. B. eine erhöhte Empfindlichkeit für Bittergeschmack und ein anhaltender Bittergeschmack (Phantogeusie). Diese wiederum können sich negativ auf Appetit, Ernährung und die Lebensqualität der Patient*innen auswirken, was in weiterer Folge zu einer Beeinträchtigung des Therapieerfolgs führen kann. Trotz dieser weitreichenden Folgen sind die zugrundeliegenden Mechanismen, noch unklar, und es fehlt eine wirksame Behandlung.
In unserem WWTF-geförderten Projekt mit dem Titel „Verbesserung der Geschmackswahrnehmung durch Homoeriodictyol (HED) bei Krebspatient*innen nach der Chemotherapie“ fokussierten wir uns deshalb auf die Erforschung der Entstehung eines verstärkten Bittergeschmacks, der häufig bei Krebspatient*innen während einer Pt-haltigen Chemotherapie auftritt. Des Weiteren wurde untersucht, ob der Einsatz von HED, einem Aromastoff, der bitterem Geschmack entgegenwirkt, bei Krebspatient*innen zu einer Linderung des verstärkten Bittergeschmacks führt.
Bei einer wissenschaftlichen Testung von Geschmack müssen Studienteilnehmende den zu testenden Stoff in den Mund nehmen, um den Geschmack zu bewerten. Da so eine sensorische Bewertung von Pt-haltigen Chemotherapeutika nicht möglich ist, verwendeten wir ein Zellmodell, um den Bittergeschmack von Pt-haltigen Medikamenten im Labor zu erforschen. Unsere Ergebnisse zeigten, dass sowohl Cis- als auch Carboplatin eine zelluläre Bitterkeitsreaktion auslösten, wobei Cisplatin stärkere Effekte verursachte. HED verminderte die Reaktion, die durch Pt-basierte Chemotherapeutika hervorgerufen wurden. Somit konnte das postulierte Potential von HED als Therapeutikum gegen Veränderungen des bitteren Geschmacks bestätigt werden. Auf molekularer Ebene konnten wir zeigen, dass zumindest zwei der 25 bitteren Geschmacksrezeptoren (TAS2Rs), die für die menschliche Wahrnehmung von Bitterkeit verantwortlich sind, an der durch Pt-haltige Chemotherapie hervorgerufene Bitterkeitsreaktion maßgeblich beteiligt sind. Daher stellen TAS2Rs eine neue Gruppe von Zielmolekülen für die Entwicklung von Therapieansätzen zur Behandlung von Veränderungen des bitteren Geschmacks dar.
Pt-haltige Medikamente werden intravenös verabreicht und verteilen sich danach im ganzen Körper, um das Tumorgewebe zu erreichen. Bei dieser Verteilung gelangen die Medikamente auch in den Speichel. Da die Pt-haltigen Medikamente im Speichel so mit oralen Geschmackszellen und -rezeptoren interagieren können, wurde in einem zellulären Modell ein schneller Transport von Cis- und Carboplatin von Blut in den Speichel nachgewiesen. In Übereinstimmung damit wurde im Rahmen unserer klinischen Pilotstudie Pt im Speichel von gynäkologischen Krebspatientinnen, welche eine Carboplatin-basierte Chemotherapie erhielten, gemessen. Diese Studie zeigte auch, dass die Empfindlichkeit für bitteren Geschmack bei gynäkologischen Krebspatientinnen nach der Chemotherapie erhöht war, während die Verwendung einer HED-Mundspüllösung die empfundene Bitterkeit von bitter schmeckenden Koffeinlösungen verringerte. Diese Erkenntnisse zeigen das postulierte Potential des Einsatzes einer HED-Mundspüllösung im Zusammenhang mit Pt-haltiger Chemotherapie.
Inwieweit der Verwendung von HED bei Krebspatient*innen mit bitteren Geschmacksveränderungen zur Verbesserung der mit der Chemotherapie assoziierten Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Ernährung und Lebensqualität beitragen kann, muss in einer klinischen Studie geklärt werden.