Interrogating the fate of dopamine transporter mutants by pharmacochaperones
Mutationen von Genen lösen Erkrankungen aus. Manche dieser Mutationen verhindern die korrekte Faltung des Proteins, das von dem jeweiligen Gen codiert wird. Fehlgefaltete Proteine sind funktionslos und können auch toxisch sein; sie führen daher zu Erkrankungen (“folding diseases“), die einzeln betrachtet selten sind. Insgesamt haben Faltungsdefekte aber einen hohen Anteil an genetischen und erworbenen Krankheiten. Historisch betrachtet ist die Untersuchung von Faltungsdefekten der Ursprung der molekularen Revolution in der Medizin: Der Begriff „Molekulare Medizin“ wurde vor etwa 75 Jahren geprägt, um den Paradigmenwechsel zu betonen, der sich aus der Untersuchung der Sichelzellanämie (einer folding disease) ergab. Seit ca. 20 Jahren steigt die Zahl von Mutationen laufend an, die bei Transportern der “solute carrier”/SLC-Familie gefunden werden und die zu Faltungsdefekten und daher zu menschlichen Erkrankungen führen. Das humane Genom enthält etwas mehr als 400 Gene für solche SLC-Transporter. Die Transporter für Serotonin (SERT/SLC6A4) and Dopamin (DAT/SLC6A3) sind nahe verwandt, sie gehören zur solute carrier 6- (SLC6-) Familie und sind die best-/meist-untersuchten Transporter. Punktmutationen von DAT lösen ein Syndrom von infantiler Dystonie und Parkinsonism aus. Die Mutationen führen zu einem Falktungsdefekt, die fehlgefalteten DAT-Mutanten erreichen nicht die Zelloberfläche sondern werden in der Zelle abgebaut. Wenn DAT nicht zur präsynaptischen Membran von dopaminergen Neuronen gelangt, verarmen die Nervenendigungen an Dopamin, weil die vesikulären Speicher von Dopamin nicht wieder befüllt werden. Das führt zu den klinischen Symptomen, nämlich Dystonie und Parkinsonismus. DAT und SERT sind der Angriffspunkt von therapeutischen Wirkstoffen und einer langen Liste illegalen Drogen. Die Kräfte, die in diesen beiden Märkten operieren, haben dazu geführt, dass der chemische Raum gut exploriert ist: Es sind mehrere 100 Liganden bekannt, die an diese Transporter binden. Die Arbeitshypothese, die diesem Projekt zugrunde liegt, postuliert, dass es kleine Moleküle geben muss, die den Faltungsdefekt von DAT-Mutanten und solchen anderer SLC6 Transporter korrigieren (=Pharmakochaperone). Bei unserer Suche nach solchen Pharmakochaperonen verfolgten wir zwei komplementäre Strategien: ein Screening von Wirkstoffkandidaten und eine rationale Suche, die auf Einblicke in Konformationsänderungen, Bindungszustände und den Faltungsprozess beruhen. Krankheitsrelevante Mutationen sind auch bei anderen SLC6 Transportern beobachtet worden, vor allem beim Creatin-Transporter-1 (CrT-1/SLC6A8); dessen Fehlfaltung führt zu eingeschränktem Intellekt und Epilepsie. Unsere Arbeit zeigte, dass der Faltungsdefekt bei einigen Mutanten von DAT und von CrT-1 durch Pharmakochaperone korrigiert wurde: Substanz 9b war ein wichtiger Meilenstein im Projekt; Substanz 9b stellt Noribogain, das beste bisher bekannte Pharmakochaperon, in den Schatten, weil es die Fehlfaltung bei mehr krankheitsrelevante DAT Mutanten korrigieren kann (nämlich bei 6 von 13) und das mit höherer Wirksamkeit tut (bis zu 4-mal stärker) als Noribogain. Wir konnten auch die Fehlfaltung mehrerer CrT-1 Mutanten mit 4-Phenylbutyrat korrigieren. Dies ist relevant, weil 4-Phenylbutyrat eine für Kinder zugelassenes Arzneimittel ist. Daher sollte die Translation in eine klinisch anwendbare Therapie erleichtert werden. Im zweiten Ansatz haben wir den Transportzyklus von SLC6 Transportern so detailliert untersucht, dass wir realistische kinetische Modelle erstellen können; diese liefern auch Informationen über Konformationsänderungen und Energiebarrieren. In Kombination mit der Analyse der Energiebarrieren, die bei der Entfaltung von SLC6 Transporters überwunden werden, erlauben diese Daten Rückschlüsse auf den Faltungsprozess. Wir gehen davon aus, dass unsere Einblicke langfristig zu einer Therapie führen, die den Faltungsdefekt bei den betroffenen Personen korrigiert. Tatsächlich haben wir bereits mit einer Wiener Firma eine Zusammenarbeit initiiert, um auszuloten wie unsere Einsichten in Phase I/II-Studien umgesetzt werden.